In Salzburg und Graz wurden in den letzten Monaten diverse Formen der Beschränkung des Bettelns diskutiert. Die Forderungen reichen von „Bettlerlizenzen“ und „Erlaubnisscheinen“, die Betteln auf einen ausgesuchten Personenkreis einschränken sollen, bis hin zu „Erlaubniszonen“ und „Erlaubniszeiten“, mit denen auch das Wo und Wann geregelt werden soll. Historisch gesehen sind diese Vorschläge wenig innovativ. Ab dem Spätmittelalter wurde Betteln in Städten immer mehr reglementiert und beschränkt. In Wien waren zwischen 1443 und 1693 nur BettlerInnen mit obrigkeitlicher Bettelerlaubnis in Form eines Bettelzeichens erlaubt, das gut sichtbar an der Kleidung angebracht werden musste. Nur an bestimmten Plätzen in der Stadt durfte damit um Almosen gebeten werden. Eine kürzlich erschienene Publikation widmet sich dem Wiener Bettelzeichen, das die Bezeichnung „Stadtzeichen“ trug, sowie den Menschen, die damit markiert und somit zu „StadtzeichnerInnen“ wurden. Bei der Buchpräsentation wird ausgehend von den spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Verhältnissen eine Brücke zur aktuellen Situation bettelnder Menschen sowie den mit ihnen verbundenen Diskussionen geschlagen.
Datum und Uhrzeit: 17. Juni 2014, 17:30 Uhr
Ort: Wiener Stadt- und Landesarchiv (Guglgasse 14, 1110 Wien, Gasometer D)
Programm:
Begrüßung
Brigitte Rigele, Direktorin des Wiener Stadt- und Landesarchivs
Martin Scheutz, Institut für Österreichische Geschichtsforschung
Vorstellung des Buches
Helmut Bräuer, Archivar und Historiker, Leipzig
Einblicke in die gegenwärtige Situation bettelnder Menschen in Wien
Marion Thuswald und Ferdinand Koller, BettelLobbyWien
Bettelzeichen reloaded – aktuelle Forderungen nach „Bettlerlizenzen“
Sarah Pichlkastner, Autorin
Im Anschluss werden Wein und Brötchen gereicht.
Zum Buch: Nicht nur in der Gegenwart, sondern auch in der Vergangenheit spielte das Thema BettlerInnen in Wien eine wichtige Rolle. Zwischen 1443 und 1693 wurde das Betteln in Wien mittels obrig-keitlicher Bettelzeichen („Stadtzeichen“) beschränkt. Erhalten gebliebene Bettlerverzeichnisse aus dem 16. und 17. Jahrhundert bieten Einblick in die Lebenswelten der „gekennzeichneten“ Menschen, die aus anderen Quellen kaum erschlossen werden können und daher für die historische Armutsforschung von großer Bedeutung sind. Die Kontextualisierung, Edition und Auswertung eines von 1678 bis 1685 reichenden „Stadtzeichnerbuches“ präsentiert die Lebensspuren von 920 armen Menschen, die als „StadtzeichnerInnen“ in der kaiserlichen Residenzstadt Wien dem Betteln nachgehen durften.
Schlagwörter: Bettelzeichen, Bettlerlizenz, Mittelalter, Sarah Pichlkastner, Stadtzeichen
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