Der Verfassungsgerichtshof hat heute drei Entscheidungen zu den Bettelverboten bekannt gegeben. Grundsätzlich hält der VfGH fest: allgemeine Bettelverbote sind verfassungswidrig; Verbote von bestimmten Formen des Bettelns, etwa des gewerbsmäßigen, aggressiven oder organisierten Bettelns sind nicht verfassungswidrig.
Für die Situation bettelnder Menschen dürfte diese Entscheidung kaum eine Verbesserung bringen: das Verbot gewerbsmäßigen Bettelns bedeutet in Wien de facto ein allgemeines Bettelverbot (gewerbsmäßig bedeutet: es ist zu erwarten, dass sich die Person durch das Betteln eine fortlaufende Einnahmequelle verschaffen möchte, was jede/r BettlerIn logischerweise tun möchte). Das Verbot aggressiven Bettelns ermöglichte es der Polizei durch seine Unbestimmtheit völlig willkürlich gegen bettelnde Menschen vorzugehen: viele wurden bestraft, weil sie am Boden saßen und die Hände ausstreckten. Ähnliches gilt für das Verbot des organisierten Bettelns: dieser Tatbestand wird erfüllt, wenn drei Menschen in Sichtkontakt zueinander betteln oder wenn drei BettlerInnen gemeinsam mit der Straßenbahn fahren. Mit Bekämpfung von organisiertem Verbrechen im Zusammenhang mit Betteln hat diese Regelung nichts zu tun.
Obwohl der VfGH die Beschwerde aus Wien noch nicht enschieden hat, ist aufgrund der heutigen Pressemeldung davon auszugehen, dass das Verbot des gewerbsmäßigen Bettelns in Wien nicht aufgehoben wird.
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Ferdinand Koller, 0650 7413000